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Krischan Läubin
14.05.2023 12:00

Steve Walker im großen Sonntagsinterview

Der neue WILD WINGS Headcoach über Leidenschaft, Spaß und Kultur.

Vor den Toren der kanadischen Metropole Toronto verbringt Steve Walker seinen Sommer. Nach ein paar Tagen des Runterkommens hat er den Gewinn der Meisterschaft mit Red Bull München sacken lassen. Nun ist der Tatendrang und die Vorfreude auf Schwenningen auch über die Entfernung von knapp 6.500 Kilometern durch das Telefon spürbar. 

Steve, was hat dich von der Aufgabe in Schwenningen überzeugt?

Was mich zuletzt wirklich immer beeindruckt hat, wenn ich es mit Schwenningen zu tun hatte, war, wie sehr die Spieler gewinnen gewollten. Zuvor haben einige Spieler Schwenningen vielleicht eher als Karriereausklang oder Sprungbrett nach Europa betrachtet. Mit der Verlängerung von Eriksson und den Spink-Zwillingen, hat sich das ein wenig geändert und die Ergänzungen von Thomas Larkin und Daryl Boyle bestätigen das. Diese Jungs kommen nicht hier her, um ihre Zeit zu verschwenden. Solche Typen wollen etwas großes erreichen. Deshalb glaube ich, dass wir einen guten, aufregenden Mix haben werden.


Wie siehst du den aktuellen Kader?

Natürlich habe ich von jedem Spieler eine gewisse Ahnung und Voreinschätzung seiner Fähigkeiten durch das Scouting und die Spiele gegen sie. Von einigen habe ich bereits ein besseres Verständnis als von anderen. Aktuell arbeiten wir mit Stefan Wagner und Ryan Marsh gemeinsam an den letzten offenen Stellen und sind hierzu täglich im Austausch. 


Und ihr als Coaches, wo wollt ihr dabei im Detail ansetzen?

Nichts ist gegeben, man muss sich alles hart erarbeiten. Ich habe mit Harry gesprochen, mit Ryan und einigen anderen Leuten, die das Team kennen. Ich nehme all diese Sachen auf, um für mich selbst eine Guideline zu haben. Doch letztlich geht es darum seine eigenen Eindrücke zu gewinnen und aus diesen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Am Ende des Tage müssen die Spieler verstehen, worauf wir als Gruppe einzahlen. Dafür ist es wichtig, dass die Kommunikation stimmt und jeder weiß, welche wichtige Rolle er einnimmt. Für mich ist das ein essenzieller Bestandsteil, wenn man von Coaching spricht und ich glaube, weil ich nicht so lange gespielt habe und dann direkt Trainer wurde, habe ich die Kommunikation vom Spieler zum Trainer gut adaptieren können. Der Erfolg als Spieler, spielt als Trainer zwar keine Rolle, doch für den Umgang mit den Jungs kann er schon hilfreich sein. 


Wie siehst du die von dir angesprochenen Rollen im Team verteilt?

Um ehrlich zu sein möchte ich ganz unvoreingenommen an die Sache rangehen. Im Eishockey ist jede Eiszeit hart erarbeitet. Deshalb spielt es keine große Rolle was im letzten Jahr war. Allein die Abgänge von Ramage und Lajunen werden zu einer Umverteilung in der Defensive führen. Larkin und Boyle werden sicher für defensive Stabilität sorgen und dahingehend Minute nehmen, das könnte Alex Trivellato oder Johannes Huss mehr offensive Möglichkeiten geben. Doch das alles werden wir im Prozess der Vorbereitung herausfinden. Als Coach ist es schwer vorherzusagen, wer welche Rolle einnehmen wird, denn du findest es erst heraus, wenn man Spieler in die jeweilige Situation bringt. Und das ist wiederum das schöne am Hockey. Es gibt so viele Entwicklungen und Bewegungen mit vielen individuellen Persönlichkeiten – einfach immer wieder aufs Neue faszinierend. Am Ende wollen wir dahin kommen, dass jeder Spieler in jeder Situation für uns auf dem Eis stehen kann. 


Mit welcher Erwartungshaltung trittst du dann dem Team gegenüber?

Es geht für mich darum Verantwortung zu verteilen. Ich erwarte von Tyson Spink nicht, dass er wieder 30 Tore macht und ihm dies auch zu vermitteln, wird ihm auf lange Sicht helfen. Dazu braucht es eben ein Konzept, das 4 Linien nahezu gleichbedeutend betrachtet. Man sieht es in der gesamten Liga, dass sich 2 oder 3 Reihen ähneln und es letztlich um die Tiefe im Kader geht, die häufig den Unterschied ausmacht. Dazu muss jeder seine Rolle verstehen und annehmen und dann gehe ich auch davon weg eine Linie prinzipiell als 4. Reihe zu bezeichnen. Wir wollen dabei eine Mannschaft sein, die aktiv und leidenschaftlich forecheckt, um so viel Zeit wie möglich in der Offensivzone zu verbringen. Dabei zeichnen sich gute Offensivspieler auch besonders dadurch aus, dass wie wissen, was es defensiv benötigt, um erfolgreich zu sein. Es ist das Team der Spieler, sie verdienen sich ihren Platz und deshalb hilft es jedem Einzelnen, wenn wir so oft wie möglich 4 Reihen voll im Spiel haben. 


Worin liegt für dich der Unterschied in der Herangehensweise, zwischen Headcoach und Assistenztrainer? 

Ich sehe keinen großen Unterschied, abgesehen von der weitreichenderen Verantwortlichkeit. Am Ende des Tages zeichnet einen guten Staff eine gute Zusammenarbeit aus. Am Ende habe ich den Job vielleicht auch wegen meiner Herangehensweise bekommen und der Art und Weise, wie ich spielen möchte. Ich denke Schwenningen mit der kleinen Eisfläche, der Atmosphäre und den Fans, sollte ein Ort sein, der für die gegnerischen Mannschaften wirklich schwer zu bespielen ist. Alles passiert dort etwas schneller und wenn wir aggressiv an die Sache rangehen und die Teams unter Druck setzen, sollte das ein Vorteil sein. 


Daran anknüpfend, wie würdest du denn deinen Spielstil beschreiben?

Ich würde es als einen hybriden Stil bezeichnen, der von einem aggressiven Forechecking initiiert wird. Dadurch können natürlich auch riskante Situationen entstehen, aber es bietet große Chancen dafür belohnt zu werden und es macht Spaß so einer Art von Hockey anzuschauen. Ich glaube auch, dass es den Spielern sehr gefallen wird, weil wir die Gegner zu Fehlern zwingen wollen und nicht nur abwarten werden. Dabei wird es eine Struktur geben, die die Jungs dahinbringen soll, wo wir sie haben wollen. Aber aus dieser Position heraus, hat jeder Spieler dann die Eigenverantwortung und Freiheit seiner Intuition auf dem Eis zu folgen. 


Das System soll den Spieler also dabei unterstützen, die richtigen Entscheidungen zu treffen?

Ganz genau so ist es. Wir wollen uns nicht überstrukturieren. Es muss ein Geben und Nehmen sein. Der Spieler muss auf dem Eis auch eine Art Frieden mit sich und der Situation haben. Unser Ansatz ist dann abzufragen, wie der Spieler zu seiner Entscheidung kommt, wenn es immer und immer wieder nicht die Gewinnbringende ist, werden wir zusammen an Lösungen und dem Mindset arbeiten.


Viel wird immer über die Gewinnermentalität gesprochen, was beinhaltet diese für dich?

Was mich tatsächlich am meisten begeistert hat, ist die Tatsache, dass wir Jungs haben die mehr wollen als nur hier zu sein. Wir haben die Typen, die unbedingt gewinnen wollen. Diese Kultur startet in der Umkleidekabine und von dort aus heißt es die Fans und das gesamte Umfeld mitzunehmen. Für mich startet alles mit dem Glauben daran und der harten täglichen Arbeit, den Gesprächen und dem Aufbau eines gemeinsamen Weges. Daraus wächst dann die Überzeugung, die Dinge auch umzusetzen und erreichen zu können. Dabei werde ich Sätze wie „wir versuchen die Playoffs zu erreichen“ nicht in den Mund nehmen, denn das ist ein automatisches Ziel, das jeder anstrebt. Es geht darum, wie wir an die Dinge herangehen und welche Einstellung wir jeden einzelnen Tag an den Tag legen, um besser zu werden und konstant in unserer Performance zu sein. Das ist die größte Herausforderung für uns im gesamten Staff, aber eine, die mit sehr viel positiver Energie verbunden ist und die ich in meiner Karriere als Spieler und Trainer schon des Öfteren meistern durfte.

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