Wir haben uns mit Geschäftsführer Christoph Sandner und dem Hygienebeauftragten Hendrik Kolbert über die aktuelle Situation unterhalten.
Vor 14 Tagen stellten die WILD WINGS ihr Hygienebetriebskonzept vor. Diese Woche folgte dann der politische Beschluss kurzfristig einen sechswöchigen Testbetrieb mit Zuschauern bei Sportveranstaltungen zu starten. Mit einer Auslastung von 20% dürfen die Arenen bei Veranstaltungen mit mehr als 1000 Zuschauern ab sofort wieder gefüllt werden. Ein erster kleiner positiver Schritt, zeigt er doch zumindest, dass die Politik die Zeit des Handelns für den Sport erkannt hat. Weitere müssen jedoch dringend folgen, damit das Eishockey hierzulande auch zukünftig eine Perspektive hat. Dazu reichen die bisherigen Maßnahmen nämlich nicht aus. Darüber sprachen wir mit Geschäftsführer Christoph Sandner und dem Hygienebeauftragten Hendrik Kolbert.
Wie viele Seiten umfasst das Hygienebetriebskonzept?
Hendrik Kolbert: Es ist ein sehr umfangreiches Dokument, in dem wir das Optimum aus einem für uns wirtschaftlich sinnvollen Spielbetrieb herausholen wollen. Immer unter der Prämisse so viele Zuschauer wie möglich zuzulassen, dabei aber die oberste Priorität, die Gesundheit aller, zu gewährleisten. Im Moment sind wir bereits deutlich jenseits der 50 Seiten. Ich bin mir aber sicher, dass noch einige dazukommen werden.
Welche spieltagsrelevanten Prozesse werden darin geregelt?
Hendrik Kolbert: Mehr oder weniger alle. Das beginnt bei der Ankunft der Fans an der Arena. Geht weiter über die Einlasskontrollen und das Catering, bis dahin, wie die Toilettennutzung geregelt sein wird und natürlich auch, wie die Zuschauer das Spiel von den Rängen verfolgen dürfen. Es geht darum all diese Prozesse hygienekonform zu regeln. Dabei muss jeder Parameter während des Spieltags betrachtet werden.
Die Wild Wings haben das Konzept unlängst auch beim Landrats- und Gesundheitsamt Schwarzwald-Baar-Kreis vorgestellt. Wie war die Rückmeldung der Behörden?
Christoph Sandner: Es war ein sehr konstruktiver Austausch und ich möchte mich für den Zuspruch bei unserem Landrat Sven Hinterseh sowie dem Leiter des Gesundheitsamtes Herr Dr. Jochen Früh recht herzlich bedanken. Unser Hygienekonzept hat gezeigt, dass wir bestens vorbereitet sind, jedoch muss eine finale Zulassung noch über das Bürgeramt in seiner Funktion als Ortspolizeibehörde erfolgen. Mit dem Leiter des Bürgeramts Herrn Ralf Glück stehen diesbezüglich weitere Gespräche in den kommenden Wochen an. Bei aller Unterstützung und dem Zuspruch, den wir über die Behörden in Villingen-Schwenningen und unserem Oberbürgermeister Jürgen Roth erhalten, sind wir allerdings weiter davon abhängig, welche Rahmenbedingungen uns der Bund und das Land Baden-Württemberg vorgeben.
Es ist ja anzunehmen, dass das Hygienebetriebskonzept ein lebendes Dokument ist. An was arbeitest du momentan?
Hendrik Kolbert: Letztendlich geht es für uns bei jeder Maßnahme darum, das optimale Ergebnis zu erzielen.
Neue Verordnungen kommen und gehen. Gerade die Verordnungen der letzten Tage waren für uns wenig hilfreich. Wir wollen und müssen mehr als 20% der Gesamtkapazität zulassen, deshalb haben wir auch in unserem Konzept vorgesehen, mehr Zuschauern den Zutritt zu ermöglichen. Wir brauchen zwingend eine Aufstockung der Zuschauerkapazität nach der Testphase. Nichtsdestotrotz müssen wir die aktuellen Gegebenheiten immer in Betracht ziehen. Die erste Abstimmung mit den lokalen Behörden war ja durchaus positiv. Ich hoffe wirklich sehr, dass uns die Politik baldmöglichst die entsprechenden Rahmenbedingungen gibt.
Wie siehst du die Entscheidung von vorgestern (Beschluss CdS-AG Sportveranstaltungen am 15. September 2020)?
Christoph Sandner: Hoffnungsvoll haben alle Sportvereine und DEL-Clubs die Ankündigung vom 27. August aufgenommen, dass es zeitnah einen Vorschlag zum einheitlichen Umgang mit Zuschauern bei bundesweiten Sportveranstaltungen mit einer gewissen Zuschauerzahl geben soll. Der daraufhin vorgestern bekanntgegebene Beschluss der Staats- und Senatskanzleien war allerdings ein ziemlicher Rückschlag für uns. Wir hatten uns alle ein wesentliches positiveres Signal vor allem für die Hallensportarten Eishockey, Handball und Basketball erwartet. Aus meiner Sicht war es seitens der Politik das Ziel schnell und explizit dem Fußball und deren breiter Fanbase kurz vor dem Bundesligastart ein positives Signal zu geben. Das freut mich für den Fußball, hilft uns und vielen anderen Hallensportarten aktuell aber leider überhaupt nicht weiter. Wir müssen dringend unseren Saisonstart planen und uns rennt die Zeit davon. Unter Berücksichtigung der aktuellen Beschlüsse sowie der Corona-Sportverordnung des Landes Baden-Württemberg werden wir bei einer Abstandsregel von 1,5 Metern insgesamt nur ca. 550 Plätze belegen können! Damit wird aus der 20% Regel ganz schnell eine ca. 10% Regel und es ist uns und ganz sicher auch den meisten anderen DEL-Clubs nicht möglich einen Spielbetrieb zu finanzieren. Das aus meiner Sicht einzig Positive was man aus den jetzigen Beschlüssen mitnehmen kann, ist die Ankündigung, nach einer gewissen Testphase die Zuschauerkapazitäten weiter zu erhöhen. Allerdings läuft uns nun die Zeit weg und es müssen ganz schnell und vor allem zielorientierte und keine Alibi-Beschlüsse erfolgen.
Wie kritisch schätzt du die Lage für das deutsche Eishockey momentan ein und welches Vorgehen seitens der Politik erhoffst du dir?
Christoph Sandner: Die Lage ist zumindest, was die Saison 2020|21 betrifft, schon sehr kritisch. Gefährdet ist übrigens nicht nur das deutsche Eishockey, sondern etliche Vereine in verschiedensten Sportarten mit ihren jeweiligen Nachwuchsabteilungen, die nicht über TV-Einnahmen wie der Fußball verfügen. Ich mache mir mindestens genauso große Sorgen um die Wild Wings Futures wie um uns. Ohne Spiele vor einer zumindest mit 40% gefüllten Helios Arena, verliert der Nachwuchs einen sechsstelligen Betrag aus den Cateringeinnahmen der Kioske und damit die Grundlage zur Finanzierung des Trainings- uns Spielbetriebs. Mit solchen Szenarien scheinen sich die wenigsten Politiker bisher wirklich in der Tiefe befasst zu haben. Seit Monaten führen wir Gespräche, nun brauchen wir ganz schnell Ansätze und vor allem Lösungen, ansonsten werden etliche Sportclubs unter den derzeitigen Voraussetzungen nicht überleben.