22.12.2023 12:30

„Schöner Abstand nach hinten und Tuchfühlung nach vorne.“

Kategorie(n): Aktuell | Autor: Anika Geiger

Geschäftsführer Stefan Wagner zieht Zwischenbilanz: Rückblick sowie Ausblick der laufenden Saison.

Geschäftsführer Stefan Wagner ist vergangene Saison zu den WILD WINGS zurückgekehrt. Nach der Hälfte der Saison zieht er nun eine Zwischenbilanz und erzählt im Interview, wie er den bisherigen Saisonverlauf bewertet, wie sich die Mannschaft entwickelt hat und wie er seine Weihnachtstage verbringt.

Kurzer Rückblick… Wie bewertest du den bisherigen Saisonverlauf?

Ich glaube, den bisherigen Saisonverlauf kann man nur positiv bewerten – insbesondere wenn man sich vor Augen führt, wo wir hergekommen sind oder was wir uns als Ziel gesetzt haben. Wir haben uns das Ziel gesetzt, dass wir so früh wie möglich nichts mit dem Abstieg zu tun haben wollen. Wir wollten in der Tabelle möglichst gesichert da stehen und so lange wie möglich, um die Playoffs mitspielen. Ich glaube, Stand jetzt, waren wir keinen einzigen Tag außerhalb der Playoff-Plätze. Wir haben einen schönen Abstand nach hinten und Tuchfühlung nach vorne. Der Rückblick fällt bisher also ganz gut aus. Auch, wenn wir jetzt die letzten Wochen von Verletzungen geplagt waren und uns so ein bisschen durchkämpfen mussten, um uns über Wasser zu halten, glaube ich, dass es eigentlich ein sehr gutes Ergebnis ist, wie wir momentan da stehen und mit dem wir sehr zufrieden sein können.

Worin siehst du die größte Entwicklung der Mannschaft?

Das ist glaube ich relativ offensichtlich. Auch wenn wir vielleicht nicht so viele Transfers gemacht haben, haben wir mit dem Trainerstab einen ganz neuen Spielstil implementiert. Wir wollten von Anfang an das kleinere Eis als Heimvorteil nutzen und das ist uns auch ganz gut gelungen. Dass das am Anfang ein bisschen holprig ist, war mir eigentlich klar. Dass man dann in der Vorbereitung nur ein einziges Spiel gewinnt und vier Spiele hintereinander kein Tor schießt, das war natürlich nicht klar. Aber trotzdem haben wir immer die Ruhe bewahrt. Die Stimmung in der Kabine oder im direkten Umfeld von der Mannschaft war von Beginn an positiv, weil wir gewusst haben, dass es funktionieren wird. Dass es dann in der gesamten Vorbereitung nicht funktioniert, aber beim ersten Saisonspiel schon, war natürlich eine Punktlandung. Hinzu kommt, dass einige Spieler gut performen und ihre Punkte machen, was natürlich ebenfalls hilft. Aber die größte Entwicklung stellt sicherlich die Umstellung auf ein neues Spielsystem bzw. auf eine neue Taktik dar, die ja doch grundsätzlich anders ist als zu dem, was man hier in der Vergangenheit gespielt hat. Das hat ein bisschen gedauert, aber es hat sich bislang ausgezahlt, dass jeder einzelne Spieler von Beginn an davon überzeugt war.

Du hast gerade den Heimvorteil angesprochen… Wie erklärst du dir die dominante Heimstärke und die ausbaufähige Auswärtsbilanz?

Unser Spielstil ist sehr laufintensiv, also auf Wege und Laufwege abgestimmt. Wenn die Eisfläche kleiner ist, sind natürlich die Laufwege kürzer, was wiederum leichter ist. Man hat generell weniger Zeit. Für einen Gegner ist es ungewohnter, wir hingegen trainieren jeden Tag auf der kleineren Fläche. Von daher ist dies wohl die einfachste Erklärung, ob es auch die richtige ist, weiß ich nicht. Aber es ist sehr wahrscheinlich. Klar ist auch, dass die Mannschaft zu Hause vom eigenen Publikum und der unglaublichen Stimmung hier getragen wird. Es ist ein Zusammenspiel aus vielen Faktoren. Aber ja, die Heimbilanz ist Top und wir sind sehr zufrieden damit. Ich bin sogar der Meinung, dass wir die beiden Heimspiele, die wir verloren haben, eigentlich hätten gewinnen müssen. Auf der anderen Seite wäre auswärts der ein oder andere Punkt mehr auch schön, aber vielleicht kommt das ja noch.

Wie zufrieden bist du mit den Neuverpflichtungen? Gibt es etwas, was dich überrascht hat?

Ich werde jetzt nicht in Einzelkritik gehen oder so. Aber im Sommer, wenn man seine Mannschaft baut oder sich mit den Trainern zusammensetzt, verfolgt man natürlich einen Plan. Ich sage immer, es ist wie ein großes Puzzle. Du kriegst nicht jedes Puzzleteil, was du gerne hättest. In diesem Fall musst du dieses eine fehlende Teil mit zwei, drei anderen ausgleichen. Aber ich glaube, das ist uns ganz gut gelungen. Als ich letztes Jahr hierher kam, wurde mir immer gesagt, dass das Hauptziel sein muss, nicht mehr so berechenbar zu sein und dass nicht nur eine Reihe Tore schießt. Das ist uns absolut gelungen. Trotzdem gibt es natürlich ein paar Spieler, die sich selbst weiter oben in der Torjägerliste sehen würden, aber solange es in der Mannschaft ausgeglichen wird, ist mir das zum jetzigen Zeitpunkt relativ egal. Insgesamt bin ich also sehr zufrieden.

Was erwartest du dir vom Neuzugang Chris Brown?

Grundsätzlich hatten wir gehofft, dass wir die 10. Ausländerkarte erst ein bisschen später ziehen müssen. Aber durch die Verletzungen – vor allem im Sturm – und die Qualität, die wir dadurch verloren haben, hat man in den letzten Spielen gesehen, dass wir schon teilweise auf dem Zahnfleisch gekommen sind. Und auch hier bin ich davon überzeugt, dass wir den Richtigen gefunden haben. Du musst immer schauen, wer da ist und was angeboten wird. Für uns war klar, dass wir einen Spieler wollen, der die Liga kennt, der in der Liga schon gespielt und Erfolg gehabt hat, der weiß, wo das Tor steht, der vielleicht ein bisschen Körperlichkeit reinbringt, der vors Tor geht und der optimalerweise momentan in Europa ist. Chris Brown erfüllt all diese Kriterien, weshalb wir froh sind, ihn bekommen zu haben. Ich glaube, dass wir an ihm viel Spaß haben werden und er der Spielertyp ist, den wir jetzt brauchen.

Wie besonders sind für dich die Weihnachtsspieltage? Wie erlebst du das aus deiner Perspektive?

Das ist immer so ein Für und Wider. Natürlich ist es schön, weil um die Weihnachtszeit rum viele Spiele anstehen. Auf der anderen Seite bleibt im Eishockey bzw. in dem Job, den die Spieler oder ich haben, leider nicht viel Zeit, um die Tage zu genießen. Deswegen versuche ich umso mehr, die wenige Zeit, die ich an Weihnachten habe, intensiv mit der Familie zu verbringen. Das ist schön, konzentriert sich aber eben nur auf zwei Tage, weil man dann wieder arbeiten muss. Auf der anderen Seite ist es schön, wenn es gleich mit Eishockey weiter geht. Die Weihnachtsspieltage sind sehr Zuschauer intensiv, wobei dies mittlerweile bei fast all unseren Heimspielen der Fall ist. Aber das Gefühl ist einfach nochmal ein anderes und jeder ist ein bisschen relaxter und entspannter. Für Bremerhaven find ich es aber schon Wahnsinn. Sie fahren am 23. nach dem Spiel heim und kommen erst am 24. zu Hause an. Aber wir hoffen jetzt einfach mal, dass sie im Bus nicht so viel zum Feiern haben, sodass sie Weihnachten dann ganz in Ruhe angehen können [lacht].

Haben du und deine Familie eine bestimmte Weihnachtsroutine? Was gibt es bei euch zum Essen?

Wir hatten eigentlich nie eine Routine, aber in den letzten Jahren hat sich Raclette als Renner bei meinen Kindern herauskristallisiert. Das gibt es dieses Jahr wieder. Wir feiern Heiligabend im allerengsten Familienkreis, was sehr schön und ein Muss ist. Wir verschieben dann immer das ein oder andere Familienessen auf einen Tag, an dem kein Eishockeyspiel ist. Das klappt eigentlich sehr gut. Aber der 24. gehört ganz klar der engsten Familie. Den 25. verbringen wir dann mit ein paar Freunden und den 26. verschieben wir auf den 27. Man muss ein bisschen hin und her scheiben, aber dann funktioniert das alles.

Nach aktuellem Stand: Wo siehst du die WILD WINGS am Ende der Saison?

Wir haben vor der Saison gesagt, wo wir hinwollen und da wollen wir immer noch hin. Das Problem ist nur, dass da mittlerweile mindestens 12 Clubs auch hin wollen. Wir sind leider erst bei der Halbzeit, aber haben dennoch schon viel erreicht und einen guten Vorsprung auf einen Nicht Playoff Platz. Wenn irgendeiner in der Kabine davon redet, dass nicht die Playoffs unser Ziel sind, dann ist er fehl am Platz, denn da wollen wir unbedingt hin. Welcher Platz es am Ende sein wird, weiß ich nicht. Fest steht: Wir werden alle sehr happy sein, wenn wir in die Playoffs kommen und wollen dort dann auch richtig angreifen.

Zu Beginn der Saison hast du gesagt, dass für dich die üblichen großen Clubs deine Meisterschaftsfavoriten sind… Hat sich das verändert oder bleibst du dabei?

Gute Frage. Mannheim hat zwar derzeitige Probleme, aber sie werden sicherlich noch kommen. Nach der Hälfte der Saison stehen jetzt gerade drei Clubs vorne, von denen vielleicht zwei Überraschungen dabei sein: Straubing und Bremerhaven. Wenn diese Teams so weiter spielen, werde ich sie wohl auch in meinen Favoritenkreis mit aufnehmen müssen.

Mit welchen drei Adjektiven würden dich Kollegen und Spieler beschreiben?

Ich hoffe, dass ich ein ganz umgänglicher Typ bin, von dem man weiß, dass man zu jedem Zeitpunkt mit ihm reden kann. Ich bin zielstrebig und hoffe, dass ich zudem menschlich bin, denn das ist das Wichtigste von allem. Es ist so wichtig, zu verstehen, was andere wollen und wo andere herkommen. Das habe ich vielleicht auch über die letzten Jahre gelernt. Wenn ich noch ein viertes sagen darf, dann dass ich ruhiger geworden bin als ich es früher war. Ich denke, das kommt aber auch langsam mit dem Alter [lacht].