08.12.2023 13:00

„Ich mag es, Menschen zum Lachen zu bringen.“

Kategorie(n): Aktuell | Autor: Anika Geiger

Cheftrainer Steve Walker gibt im Interview sowohl sportliche als auch persönliche Einblicke.

Headcoach Steve Walker hat seinen Vertrag am Neckarursprung verlängert. Welche Motivation er bei den WILD WINGS sieht, für welche anderen Sportarten sein Herz schlägt und worin er die größte Entwicklung seiner Mannschaft ausmacht, erzählt er im Interview.

Zweimal in Bremerhaven verloren… Spielt da tatsächlich auch die lange Reise eine Rolle oder woran lag es?

Im ersten Spiel war unser Team ziemlich angeschlagen. Wir hatten zuvor ein wirklich hartes Spiel gegen Berlin. Das hat uns viel abverlangt und die Energie war einfach nicht mehr da. Im zweiten Spiel müssen wir Bremerhaven viel Respekt zollen. Sie agieren wirklich gut mit dem Puck und machen einen guten Job, wenn es darum geht, Traffic zu erzeugen. Wir hatten gute Elemente in unserem Spiel. Ich denke, die Disziplin hat wahrscheinlich eine Rolle gespielt. Sie sind das beste Powerplay-Team der Liga und haben an diesem Abend zwei Powerplaytore erzielt und eins im 6 gegen 5. Man kann so guten Teams einfach nicht diese Art von Chancen geben. Dann hatten wir natürlich auch noch ein paar verletzungsbedingte Ausfälle, die zu Reihenveränderungen geführt haben. Daher stimmte die Chemie nicht so sehr und es gab ein wenig mehr Zögerlichkeit. Aber wir müssen Bremerhaven zugutehalten, dass sie ein wirklich gutes Eishockeyteam sind. Aus meiner Sicht gehören sie zu den Top-Teams der Liga. Sie haben starke Offensivspieler und verteidigen so gut. Es ist enttäuschend, so weit zu fahren, aber ich denke, wir hatten – im Gegensatz zum ersten Spiel – eine Chance, dieses letzte Spiel zu gewinnen. Wir haben uns mit den Strafen das Leben selbst schwer gemacht.

Worauf kommt es in den kommenden Spielen nun an? Du hast gerade das Thema Disziplin angesprochen…

Ich rede sehr oft über das Thema Disziplin. Manchmal lassen die Schiedsrichter ein bisschen mehr durchgehen, manchmal auch nicht. Ich glaube, wir haben schon früh im Spiel ein Gefühl dafür, was erlaubt sein wird. Vor allem in Bezug auf unsere Special Teams. Ich denke, unser Penaltykilling war dieses Jahr wirklich gut, aber man kann guten Eishockeyteams nicht so viele Powerplays geben. Dasselbe gilt für unser Powerplay. Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Chancen, die sich uns bieten, auch nutzen und etwas mehr Druck ausüben, um das zu erreichen. Ich denke, das ist definitiv einer der Bereiche, die wir in den nächsten Spielen angehen müssen. Wir spielen gegen Mannschaften, die extrem stark sind. Es werden harte Spiele, und wir müssen die Chancen des Gegners verringern. Wir müssen gut verteidigen und die Dinge tun, die wir von Spiel zu Spiel tun müssen, um zu gewinnen.

Nach vier Jahren Assistenzcoach nun wieder die Position als Cheftrainer… Wie fühlt es sich an und wie gefällt dir die neue Herausforderung?

Um ehrlich zu sein, ist es nicht viel anders als, dass man mehr Interviews führen muss. Das Tagesgeschäft und die Art und Weise, wie wir über das Training sprechen, ist sehr ähnlich. Bei der Spielweise kann ich diktieren, wie wir in bestimmten Situationen spielen. Du musst einen Plan entwickeln, der auf deiner Spielerkarriere basiert, auf den Trainern, die du hattest und auf den Veränderungen im Spiel. Und ich glaube, das ist das Wichtigste bei Trainern, dass sie versuchen, transparent zu sein und dass sie sicherstellen, dass die Spieler verstehen, wie und warum wir bestimmte Dinge machen. Mein Job ist es, die Jungs in diejenige Lage zu versetzen, in der die sie selbst die richtigen Entscheidungen treffen können.

Bisher habe ich ausschließlich gute Erfahrungen hier in Schwenningen gemacht, die natürlich etwas andere Elemente und Ziele beinhalten als andere Clubs, in denen ich bislang tätig war. Unsere Mannschaft hat wahrscheinlich besser gespielt, als viele Leute vermutet haben. Aber wir haben noch nicht einmal die Hälfte der Saison hinter uns. Wir gehen jedes Spiel so an, als wäre das nächste Spiel das wichtigste der ganzen Saison. Zu einem Verein zu kommen, der noch keinen wirklichen Erfolg hatte, ist für mich eine zusätzliche Motivation. Das, was in der Vergangenheit passiert ist, können wir nicht ändern, aber wir können daraus lernen und daran wachsen. Aber jedes Jahr ist ein bisschen anders. Das sieht man auch an Berlin. Teams können sich verändern und manchmal hat man Glück mit Verletzungen sowie Spielerverpflichtungen und manchmal eben nicht. Wir versuchen einfach, weiterzumachen und jeden Tag besser zu werden. Und das ist meine Aufgabe, dass wir das nicht aus den Augen verlieren.

Man merkt, dass du dich in Schwenningen wohl fühlst… Hast du auch schon etwas von der Stadt und der Umgebung erkundet?

Das habe ich. Nicht so viel wie sonst, denn es war ja alles neu. Tim kam in letzter Minute, nachdem Ryan in letzter Sekunde gegangen ist. Es gab deshalb viel mehr Arbeit, die ich selbst erledigen musste. Als Tim kam, wurde viel Coaching innerhalb des Coachingteams betrieben zum Beispiel wie wir Dinge angehen wollen und dass wir dieselbe Sprache sprechen. Aber als Coach verbringst du die meiste Zeit in der Eishalle. Man versucht dennoch auf jeden Fall, so oft wie möglich rauszukommen. Wir haben unter anderem das Glück, in der Gegend Golf spielen zu können. Zudem wohne ich direkt in Schwenningen, weshalb ich zu Fuß in die Innenstadt gehen kann. Man versucht natürlich auch, die Weihnachtsmärkte sowie lokale Restaurants zu besuchen. Es gibt aber definitiv noch viel mehr zu entdecken.

Worin siehst du die größte Entwicklung der Mannschaft bis hierhin?

Diese Mannschaft ist wirklich ein Team geworden. Wir spielen alle vier Reihen bis zum Schluss und zudem mit sieben Verteidigern – vorausgesetzt, es sind alle fit. Wir haben nicht einen oder zwei Superstars. Wir hatten mehrere Spiele, in denen sich bestimmte Reihen bewiesen haben. Ich würde also sagen, dass die Mannschaftsleistung die größte Entwicklung darstellt und dass jeder einzelne Spieler bereit dafür ist, alles zu geben.

Bist du als Trainer für diese Teamchemie zuständig oder kommt das hauptsächlich von den Spielern selbst?

Ich denke, ein Trainer ist für die Teamchemie verantwortlich, weil er mit der Eiszeit ein Zeichen setzt. Wir können sagen, dass wir ein Team sind, aber wenn ich bestimmte Spieler nicht einsetze, gibt es vielleicht Spieler, die sich nicht so wichtig für das Team fühlen. Aber ich denke, dass man als Trainer nur bedingt Einfluss nehmen kann, denn das Wichtigste ist der Zusammenhalt in der Kabine. Ich glaube nicht, dass ein Trainer dafür wirklich Anerkennung bekommen kann. Wir versuchen, jeden Spieler gleich zu behandeln und sicherzustellen, dass wir die Rolle jedes Einzelnen wertschätzen. Aber zur Teamchemie gehört auch, dass wir gute Spieler haben und diese sich nicht davor scheuen, andere Spieler herauszufordern. Jeder muss unser Ziel verstehen und auf einer Ebene sein. Und ich glaube, wir haben eine wirklich gute Führungsgruppe und gute Leute in der Umkleidekabine. Jeder kommt mit jedem klar und ich glaube das ist der Schlüssel.

Kannst du dich auch für andere Sportarten begeistern?

Ich bin ein großer Sportliebhaber und mag eigentlich alle Sportarten. Früher war ich ein ziemlich guter Baseballspieler. In einem zweiten Leben hätte ich mir gewünscht, Baseball zu spielen. Ich spiele aber auch gerne Golf. Ich mache eigentlich alles gerne. Wenn man älter wird, wird die Zeit ein bisschen von der Familie und den Kindern in Anspruch genommen. Aber ich bin auf jeden Fall ein Sportfan und schaue mir alles an.

Worin siehst du die größten Unterschiede zwischen Eishockey in Kanada/USA und Deutschland?

Wahrscheinlich in der Anzahl der Menschen. In Kanada und der USA gibt es viele Menschen, die Eishockey spielen. Das Niveau liegt in einem jüngeren Alter. Es gibt viel mehr Konkurrenz, während es in Deutschland einfach nicht so viele sind, was aber nicht heißt, dass das Talent nicht da ist. Aber ein 20-jähriger Deutscher würde in Kanada mit seinem Eishockey-IQ als 16-Jähriger gelten. Das hat nichts damit zu tun, wie intelligent er ist, es geht mehr um den Konkurrenzkampf und darum, dass er sich auf einem bestimmten Niveau in solche Situationen bringt. Wir bringen ihnen hier vieles bei, was sie in Kanada bereits in jüngeren Jahren gelernt hätten. Es dauert hier also etwas länger, um dieses Niveau zu erreichen.

Mit welchen drei Adjektiven würden dich deine Spieler und dein Trainerteam beschreiben?

Intensiv, wettbewerbsfähig und sarkastisch. Ich mag es, Menschen zum Lachen zu bringen.