WILD WINGS Athletiktrainer und Teammanager Hendrik Kolbert fliegt für die Deutsche Nationalmannschaft nach Dänemark.
Die Sommerpause für Hendrik Kolbert muss noch etwas warten, denn kurz nach Ende der Saison 2024|25 und der damit verbundenen Meisterschaftsfeier der Eisbären Berlin, fliegt der gebürtige Sachse nach Dänemark, wo die Deutsche Eishockeynationalmannschaft am 10. Mai in die Gruppenphase der WM startet. Worauf sich der Allrounder am meisten freut, wie er die Chancen der Deutschen Mannschaft einschätzt und inwiefern sich seine Arbeit bei den WILD WINGS von der beim Nationalteam unterscheidet, erzählt er im Interview.
Du bist ja bereits zum zweiten Mal dabei. Bist du genauso aufgeregt wie beim ersten Mal oder ist es nun etwas entspannter, weil du weißt, was auf dich zukommt?
Aufgeregt bin ich vielleicht nicht mehr so. Beim ersten Mal war es natürlich noch etwas ganz Neues, aber die Vorfreude ist ähnlich groß. Ich freue mich schon wahnsinnig darauf, wieder dabei zu sein. Es ist eine absolute Ehre, wenn man zur Nationalmannschaft eingeladen wird. Das habe ich bereits letztes Jahr betont.
Warst du schonmal in Dänemark?
Nein, noch nie, das ist das erste Mal.
Inwiefern unterscheidet sich deine Arbeit bei den WILD WINGS von deiner Arbeit bei der Nationalmannschaft?
Der Hauptunterschied besteht darin, dass die Organisation und das Teammanagement wegfallen. Es geht rein um das Athletiktraining, worauf ich mich also noch mehr fokussieren kann. Es ist sehr viel individuellere Arbeit als hier im Club, wo man das ganze Team mehr zusammen hat. Bei der Nationalmannschaft beschränkt sich die Arbeit mit der gesamten Gruppe auf ein paar Warm Up Einheiten. Ansonsten ist es viel individuelle Arbeit mit den Spielern. Bei der Vorbereitung für die Spiele geht es also bspw. um kleine Problembereiche einzelner Spieler, das Trainieren bestimmter Muskelgruppen oder individuelle Workouts. Somit wollen wir sicherstellen, dass wirklich jeder Spieler individuell möglichst gut für die Spiele sowie das gesamte Turnier vorbereitet ist.
Ist die Arbeit für dich dann schwieriger, weil du anders als bei den WILD WINGS die Spieler nicht in und auswendig kennst und dich somit innerhalb kurzer Zeit auf ganz unterschiedliche Charaktere einstellen musst?
Ja, natürlich, also man muss die Spieler ein bisschen kennenlernen und sich mit deren individuellen Bedürfnissen vertraut machen. Die Spieler müssen auch erstmal Vertrauen in den Athletiktrainer aufbauen. Athletiktraining ist jetzt nicht so der Lieblingsbereich – logischerweise. Die Vorbereitung auf die WM ist deshalb immer ganz gut und hilft, um sich schon 2-3 Wochen im Vorfeld mit den Spielern auseinanderzusetzen. Diejenigen, die es dann bis zur WM schaffen, konnte man in diesem Zeitraum schon ein bisschen näher kennenlernen. Insgesamt fällt es mir dieses Jahr aber schon etwas einfacher, weil ich vom letzten Jahr einige Spieler kenne, mit denen ich bereits zusammengearbeitet habe. Von daher ist es etwas leichter als letztes Jahr. Dennoch muss man sich immer wieder neu auf die Spieler einstellen.
Worauf freust du dich am meisten?
Es gibt viele Dinge. Obwohl ich bereits einmal dabei war, ist es wieder etwas ganz Neues. Letztes Jahr war das Turnier in Tschechien. Dieses Jahr findet es in Dänemark statt – heißt neue Halle, neues Umfeld. Das Set Up wird wieder etwas anders sein, von daher bin ich auf jeden Fall gespannt, wie es aussieht und wie sie das Turnier organisieren. Da hat man dann auch direkt einen Vergleich zum letzten Jahr. Ich freue mich einfach auf die Arbeit mit den Jungs und dem Team; das macht Riesenspaß. Das ganze Event ist wahnsinnig schön und darauf freue ich mich schon sehr. Ich habe die Arena bei der Handball-WM gesehen, da wurde sie auch genutzt. Ich meine, da waren es um die 15.000 Zuschauer*innen, also denke ich, dass die Stimmung ebenfalls klasse sein wird.
Wie schätzt du die Chancen der deutschen Mannschaft ein? Auch mit Hinblick auf die Gruppe?
Ich würde es vielleicht etwas allgemeiner fassen und nicht von Chancen sprechen, sondern von dem, was wir selbst von uns erwarten. Und ich gehe schon davon aus, dass es für ein deutsches Team mittlerweile das Ziel sein muss, das Viertelfinale zu erreichen. Ab da sind es dann Playoff-Spiele, allerdings nur eins. Und da kann alles passieren. Ich denke, wir müssen gut ins Turnier starten. Im Gegensatz zum letzten Jahr haben wir die vermeintlich einfacheren Gegner am Anfang, die man aber auf gar keinen Fall unterschätzen darf. Das sind mehr oder weniger Pflichtsiege, wenn man ins Viertelfinale kommen will. Ich glaube, es wird ein tougher Start ins Turnier, weil wir uns keine Fehler erlauben dürfen.
Das Programm ist – ähnlich wie in der Liga – eng getaktet. Alle zwei Tage ein Spiel, Halbfinale und Finale sogar ohne Tag Pause dazwischen. Ist das ein Vorteil für die Spieler, da sie es aufgrund der Liga gewohnt sind oder ist es so kurz nach der Saison ein Nachteil aufgrund der körperlichen Belastung?
Sowohl als auch. Auf der einen Seite ist es natürlich gut, wenn man in diesem Rhythmus bleibt und ihn kennt. Zudem stellt sich die Frage, um was für ein Spiel es sich handelt. Wenn es in der Gruppenphase ein unbedeutenderes Spiel ist, merkt man die Muskulatur und den Kopf vielleicht etwas mehr. Wenn es dann ein Viertelfinale, Halbfinale oder vielleicht sogar ein Finale ist, ist die Euphorie und die hormonelle Situation so stark, dass man die körperliche Belastung gar nicht so sehr merkt. Es geht also auch um die Einstellung; die Vorfreude auf bestimmte Spiele. Das bringt natürlich das Adrenalin in Wallung. Von daher fällt es in bestimmten Spielen sicherlich einfacher, nochmal die letzten Reserven aus sich rauszuholen. Da merkt man die körperliche Belastung nicht so sehr wie bei einer Trainingseinheit, wo die Beine schon eher schwer werden.
Wie ist dann so der Trainingsrhythmus während der WM?
Das ist unterschiedlich. An spielfreien Tagen gibt es Trainingseinheiten inklusive gemeinsames Warm Up. An Spieltagen jedoch behandeln wir es sehr individuell. Jeder Spieler hat seine eigene Vorbereitung unter Hinzunahme von meinen Kenntnissen und meiner Expertise.
Abschließende Frage: Wer ist dein Weltmeister-Favorit? Wer macht das Rennen?
Das ist ganz schwer zu sagen. Da sind schon richtig viele gute Mannschaften dabei – in beiden Gruppen. In dem K.o.-Modus ab dem Viertelfinale, sind es dann kleine Nuancen, die die Spiele entscheiden können. Aus diesem Grund will ich mich da nicht festlegen. Aber es sind natürlich wie immer die üblichen Kandidaten – Kanada, USA, Schweden, Finnland – und vielleicht können wir mit ein bisschen Glück auch ein Wörtchen mitreden.